Was ist eigentlich aus Kettenbriefen geworden?

Was ist eigentlich aus Kettenbriefen geworden?

Jeder, der heute in den Dreißigern oder Vierziger ist, kennt sie noch gut: die Kettenbriefe per Post. In ihnen wurde schon damals alles Mögliche sehr weit verbreitet. Das war mitunter eine - für die damalige Zeit - recht erfolgreiche Strategie. Heutzutage wird sie von neueren Technologien abgelöst, die grundlegende, recht erfolgversprechende Funktionsweise wurde aber in vielen Bereichen weiter beibehalten.


Was gilt eigentlich alles als „Kettenbrief“?

Grundsätzlich ist ein Kettenbrief jede Art von Mitteilung, in der der Leser aufgefordert wird, die Mitteilung an möglichst viele andere Menschen weiterzuleiten. Die Verbreitung erfolgt dabei nach dem Schneeballprinzip: Wenn jeder Leser den Kettenbrief an 10 Menschen weiterleiten würde, wäre schon nach dem fünften Versanddurchgang 100.000 Menschen im Besitz der Botschaft. Einen Serienbrief erstellen ist heute allerdings auch auf dem Postweg schon deutlich einfacher, als es damals war.

Die Botschaften in Kettenbriefen können dabei ganz unterschiedlich sein. Es kann sich um eine echte Information handeln, die möglichst viele Menschen erreichen soll (etwa eine Viruswarnung). Es kann daneben aber auch darum gehen, einen Spendenaufruf an möglichst viele Menschen persönlich zuzustellen, um ihn wirksamer zu machen. Daneben sind manche Kettenbriefinhalte auch religiöser und magischer Natur, oft auch, um den Leser möglichst zum Weiterleiten zu bewegen (nach dem Motto: Wenn du diesen Brief nicht an mindestens fünf Leute innerhalb der nächsten Stunde weiterleitest, wird dir etwas Schreckliches passieren. Wenn du ihn weiterleitest, hast du Glück, Erfolg, findest deinen Traumpartner, etc.)

Die - auch schon damals, zu Zeiten der Post-Kettenbriefe - seltene Ausnahme waren gut gemeinte Kettenbriefe mit motivierenden Botschaften, die Menschen ermuntern, freundlicher machen oder zum Lächeln bringen sollten. Sie sind auch heute immer noch die Ausnahme.

Heutige soziale Medien als moderne Kettenbriefe

Wer sich schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, welchen Stellenwert das Teilen von Inhalten im Internet hat, der wird feststellen, dass es sich dabei ebenfalls um eine - versteckte - Form des gleichen Schneeballsystems handelt. Ein Nutzer teilt ein Video mit zehn weiteren Nutzern, die das ebenfalls wiederum in ihrem Bekanntenkreis teilen. Auf diese Art und Weise wird das Prinzip ebenso genutzt wie schon früher bei den Kettenbriefen per Post.

Die sind im Übrigen heute fast genauso elegant zu erledigen, wie der E-Mail-Versand und deutlich kostengünstiger als frühere Varianten: das Erstellen direkt am Computer und den Versand einfach per Knopfdruck durchzuführen, geht auch heute. Die Druckkosten kann man dabei sparen und den Versand sehr kostengünstig durchführen.

„Echte“ Kettenbriefe heute

Moderne Versionen von Kettenbriefen gibt es durchaus noch. E-Mail-Kettenbriefe sind dabei eher die Ausnahme, obwohl sie in bestimmten Kreisen immer wieder auftauchen. Die Inhalte sind dabei die gleichen wie schon bei den früheren Kettenbriefen per Post. Benutzt wird heute häufig der Online-Kommunikationsdienst WhatsApp, daneben aber auch Instagram und noch einige andere verbreitete Messenging-Tools.

Da die Verbreitung über Online-Kanäle noch viel umfassender geht, als der früher mühsame Postweg, werden auch immer mehr unlautere Zwecke mit Kettenbriefen verfolgt:

  • Kettenbriefspiele (vor allem im Usenet)
  • Verbreitung von Viren und Schadsoftware
  • Erhalten und Sammeln von einer hohen Zahl von E-Mail-Adressen oder Telefonnummern
  • Verunglimpfung von Personen
  • politische oder klar religiös beeinflussende Texte, auch radikalisierende Texte
  • unlautere Werbung, wobei die Grenze zu „erlaubter“ Werbung und Aufforderung zur Weiterverbreitung manchmal fließend ist.

 

Die meisten Menschen stehen den Botschaften solcher Kettenbriefe meist kritisch bis ablehnend gegenüber (auch wenn es sich um ernst gemeinte Spendenaufrufe handelt). Gerade beeinflussbare, gutwillige oder leicht manipulierbare Menschen sind immer wieder zu finden, dadurch wird die Weiterverbreitung praktisch sichergestellt. Zudem nutzen alle Kettenbriefe einen wichtigen psychologischen Faktor: Botschaften oder Nachrichten von uns persönlich bekannten Menschen stufen wir automatisch als glaubwürdiger und vertrauenswürdiger ein, als Botschaften von Unbekannten.

Dieser Faktor kommt bei einem Kettenbrief sehr wesentlich zum Tragen. Werden wir von einem guten Bekannten quasi aufgefordert, eine Nachricht weiterzuleiten, fühlen wir uns viel eher dazu gedrängt, der Bitte auch nachzukommen.

Gerade Kettenbriefspiele, bei denen jedem Teilnehmer ein kleiner Geldbetrag überwiesen werden soll, gehören immer noch zu sehr verbreiteten Formen des Betrugs. Rechnerisch wird dabei vorgerechnet, dass die kleinen Beträge zu sehr hohen Einnahmen in kürzester Zeit führen können (wegen des Schneeball-Effekts). Das ist allerdings trügerisch, denn sehr hohe Gewinne entstehen nur für eine kleine Zahl von Menschen an der Basis. Der Großteil erhält kein Geld, weshalb solche Geldgewinn-Systeme in den meisten Ländern illegal sind und als Betrug gewertet werden.

Spam und Phishing bei Kettenbriefen

Ein besonderes Risiko bei Kettenbriefen stellt - neben der Verbreitung von Viren und Schadsoftware - auch das Risiko von Phishing dar. Richtet man eine Möglichkeit ein, um nachverfolgen zu können, an wen Personen die Botschaft weiterleiten, gelangt man über den Schneeball-Effekt so sehr schnell an eine hohe Menge von Kontaktdaten echter Nutzer. Zudem kann man erkennen, wer zu wem in welcher Beziehung steht. Auch dieses Wissen lässt sich oft nutzen. Mehr Daten entstehen, wenn auch einige persönliche Details zu der Weiterleitung abgefragt werden (zum Beispiel Eintragung auf Listen).

Ein zusätzliches Risiko besteht, weil man nie weiß, ob die weiterzuleitende Botschaft, selbst wenn ernst gemeint, nicht unterwegs von einem Teilnehmer manipuliert wurde, und damit zu unlauteren Zwecken missbraucht wird. Das war auch früher bereits das Problem, wenn etwas hinzugefügt wurde - heute könnte man allerdings tatsächlich Briefe sicher versenden und gegen Veränderungen schützen.

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Bildquelle: © by iStock / Maurusone


Dieser Beitrag wurde am 17.06.2016 in Kurioses veröffentlicht.

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